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ROSAMAG ist ein Online-Lifestylemagazin, dass afrodeutsche Frauen und Freunde informiert, inspiriert und empowert. ROSAMAG porträtiert die facettenreichen Lebenswelten der modernen schwarzen Frau. Von natürlichen Pflegetipps für Afrolocken, inspirierenden Interviews, mitreißenden Kommentaren und beflügelnden Reportagen - Wir zelebrieren afrodeutsche Frauen! Wir möchten Vorbilder schaffen und unsere Diversität zeigen.

    Vom Druck, die Vorzeige-Schwarze zu sein

    Ich hatte immer das Gefühl, ich müsste perfekt sein. Besser als die anderen. Schlauer, als die anderen. Netter, als die anderen. Vorzeigbar. Ich dachte, es wäre mein eigenes Problem. Den Druck, den ich mir selbst auflade, da ich die erste in meiner Familie war, die studierte. Vielleicht bin ich auch einfach ambitionierter, als meine Freunde*innen, Kommilitonen*innen und Kollege*innen? Doch als ich begann mit vielen unterschiedlichen von Rassismus betroffenen Menschen zu sprechen, realisierte ich: Das geht nicht nur mir so. Das Gefühl, perfekt sein zu müssen, ist: Weil ich schwarz bin. Und eine Frau. Ich wollte die Vorzeige-Schwarze sein.

    Was Murats, Kevins und ich gemeinsam haben

    Wenn du das einzige schwarze Mädchen in der Klasse bist, fällst du auf. Wenn du gut bist, wenn du Mist baust. Du polarisierst, immer. Ich stand unter dem stetigen Prüfstand, ob ich nicht das Klischee einer schwarzen Frau bestätige. Bin ich laut, bin ich faul, bin ich musikalisch? Als meine Mathematiklehrerin mich verwundert ansah, als sie hörte, dass ich studieren möchte, wurde in mir ein Feuer entfacht. Das Streben nach Perfektion. Nach Black Excellence. 

    Ich wusste: ich beweise ihr das Gegenteil. Doch nicht nur ich werde, aufgrund meines Aussehens oder meines Namens unterschätzt. Schüler und Schülerinnen mit einem Migrationshintergrund, werden systematisch in deutschen Schulen schlechter bewertet. So erhälst du bereits eine negative Note, wenn deine Eltern auf die Idee kamen dich Kevin oder Murat zu nennen.

    Meine Emanzipation vom Schwarzsein

    Ich weiß noch, wie ich mich gegen den Satz “Weil ich Schwarz bin” sträubte. Dieser Satz ging niemals über meine Lippen, weil ich das Gefühl hatte, diese Aussage würde mich reduzieren. Es wäre meine allumfassende Welt und ich wäre nur noch: die Schwarze. Also gab ich mir das Mantra, was Rihanna perfekt auf den Punkt bringt: Work, work, work. Freiwillige Praktikas in der studienfreien Zeit bei Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, bei der Welt Online, oh und CNN quetschte ich zwischen meinen zwei Jobs und dem Studium auch noch dazwischen. Ich war mir sicher: Je härter ich arbeite, desto eher schaffe ich es. Ich war high von dem Ziel, all den “weil ich Schwarz bin” zu beweisen, dass ich mir mit genug Mühe und harter Arbeit einen soliden Job erarbeiten kann. 

    Doch wenn ich mir die Statistiken anschaue, Gespräche und Interviews mit unterschiedlichen afrodeutschen Frauen führe, dann erkenne ich meine Geschichte immer wieder und realisiere: Das sind die Nebenwirkungen vom Druck die Vorzeige-Schwarze zu sein. Es erdrückt dich. Manche mehr und weniger. Doch ich hatte immer wieder neue Auseinandersetzungen, die mich daran erinnerten weiter zu machen. Als ich meinem Professor gegenüber erwähnte, dass ich mich für den Fernsehjournalismus interessierte, schaute er mich verwundert an und als ich meine Leidenschaft für die Tagesschau äußerte. Seine Antwort: Ich passe doch viel besser zu MTV oder VIVA.

    Work, work, work – bis nix mehr ging

    Jung und naiv, wie ich zur damaligen Zeit war, dachte ich, es liegt an mir. Nicht, dass mein liebster Prof eventuell von den gesellschaftlichen Stereotypisierungen durchtränkt sei. Nein, ich arbeitete härter, weil ich, nun ja, es allen beweisen wollte. Was viele meiner Freunde*innen als ambitioniert oder tough bezeichneten, war für mich die zweite dickere Haut, die ich mir übergezogen habe, um überhaupt die Möglichkeit zu erhalten, nur ansatzweise das erreichen zu können, was für meine Kommilitonen greifbarer war. So ging es für mich nach London, nachdem ich ein Jahr durchgearbeitet hatte, um meine Studiengebühren zu decken. Dann musste ich eine weitere Rechnung begleichen. Andere Student*innen sind nach dem Abschluss auf Reisen gegangen, ich musste erst einmal in einer Klinik wegen Burnout und Essstörung einchecken.

    Laut des Department of Health and Human Services Office of Minority Health leiden afroamerikanische Frauen 10 Prozent mehr unter schwerer psychischer Belastung als weiße. Die Spuren der Gesellschaft haben auch bei mir eine Narbe hinterlassen. Mehr als ich es all die Jahre zugeben wollte. Dabei rede ich nicht über den direkten Rassismus, der mir immer mal wieder auf dem Weg nach Hause in Form von ein paar Parolen von Betrunkenen, die beherzt das N-Wort grölen begegnet. Ich rede davon, dass ich mich stets und ständig verausgabe, weil ich immer noch das Gefühl habe, ich müsste meine Daseinsberechtigung untermauern. Den elitären journalistischen Betrieb, den Menschen in den Universitäten oder dem Busfahrer, der mich geringschätzig anschaut und lobt, dass ich doch so gut Deutsch spreche.

    Psychische Erkrankungen sind unter afroamerikanischen Frauen höher

    Der lange Weg zu einer gerechten Gesellschaft

    Erst viel später wurde mir klar, dass der Wettkampf in unserer Gesellschaft nicht echt ist. Die Sage vom “Tellerwäscher zum Millionären” ist ein Märchen. Ich erkannte, dass wir alle nicht mit denselben Privilegien bepackt in das Leben starten. Nein. Ich habe unterschätzt, wie stark unser Background, unser Geschlecht, unsere Hautfarbe uns auf unserem Weg begleiten, der einfach härter oder etwas komfortabler ausfällt. Versteht mich nicht falsch. Ich habe auch schon einige Vorteile erhalten, aufgrund meines sogenannten Exotenbonus bei vereinzelten Menschen, die mich bewusst bevorzugten, weil sie einen Mutter-Theresa-Komplex hatten. 

    Die Kandidat*innen, die das große Bedürfnis hatten, mir klarzumachen, dass sie Rassismus sehen. Die zur Überkompensation extra nett, extra aufmerksam und mir dann am Ende Extrapunkte für meine pure Existenz gaben. Doch Gleichberechtigung bedeutet: Gleichheit für alle. Gleichheit wäre, dass auch ich, als schwarze Frau, Mittelmaß geben darf und die gleichen Erfolge verzeichnen kann, wie andere Menschen in der Gesellschaft. Wenn es keine Vorzeige-Schwarze mehr gibt. Wenn ich einfach nur, ich sein kann.

    COMMENTS
    • Nini

      REPLY

      So wahr… leider

      24. März 2019
      • Ciani-Sophia

        REPLY

        Oh ja, Nini. Vielen Dank für deinen Kommentar!

        25. März 2019
    • Elissa Marso

      REPLY

      So wichtig!!! Mir ging es sehr ähnlich! Dadurch habe ich mich lange Zeit auch nur über Leistung definiert. Danke für den Beitrag!!

      14. April 2019
      • Hallo Elissa, vielen Dank für deinen Kommentar! Du bringst es perfekt auf den Punkt. Ich habe mich sehr lange über meine Leistungen definiert. Es ist recht schwierig sich aus diesem Teufelskreis zu lösen. Wie ist es dir denn gelungen?

        20. April 2019
        • Elissa Marso

          REPLY

          Für mich war es ausschlaggebend mal auf meine eigenen Bedürfnisse zu hören, dadurch dann zwar weniger zu schaffen aber zu merken: Hey, ich bin trotzdem voll in Ordnung.
          Außerdem habe ich für mich selbst entschieden, dass ich es Menschen mit stereotypischer Sicht auf mich NICHT schuldig bin, das Gegenteil zu beweisen. Diese Menschen verdienen meine Anstrengung gar nicht. Das war sehr befreiend und Selbstwert stärkend. Liebe Grüße, Elissa @vonkopfbismond

          27. April 2019
    • Aida

      REPLY

      Ich danke dir von Herzen für diesen Artikel! Ich finde mich in jedem Wort wieder und es macht, mich weniger allein damit zu fühlen! Ich sehne mich nach viel mehr Austausch in der Afrodeutschen Community über den alltäglichen Schmerz und Kampf und den Austausch über Bewältigungsstrategien. Das Anklagen und die politische Haltung, der Kampf für Gleichheit ist so wichtig, aber ebenso wichtig finde ich, dass wir uns auch mit unseren Wunden beschäftigen und lernen sie zu heilen um stark zu bleiben und stärker zu werden!

      11. Dezember 2019
    • Nadine-Goussi Aguigah

      REPLY

      Liebe Ciani-Sophia! Ich danke Dir sehr für Deinen Text und dieses Magazin! Wunderbar, dass Du diese Plattform gegründet hast, hätte mir vor vielen Jahren viele einsame Momente erspart hier drin zu stöbern. Ich wünsche Dir ein wunderbares neues Jahr mit vielen neuen Begegnungen und Energie für Dein Magazin, ich bin gespannt auf die neuen Beiträge, Herzlich, Nadine

      31. Dezember 2019
    • Suban

      REPLY

      Wow, der Artikel spricht mir aus der Seele. Während dem Lesen ist mir auch aufgefallen, dass ich mir schon ganz früh in der Grundschule diesen Druck auferlegt habe die Vorzeige-Schwarze zu sein. Ich war zwar immer eine liebe Musterschülerin, aber wenn ich in meiner Schullaufbahn auf Erwachsene traf, die-bewusst oder unbewusst, dass sei mal dahingestellt- mein Potenzial nicht sahen und mich so behandelten als wäre ich ein dummes bemitleidenswertes Kind mit Migrationshintergrund, kam ein extremer Ehrgeiz aus mir heraus und ich tat ALLES um positiv hervorzustechen. Ich wurde das, was man sich unter einer absolut perfekten Schülerin vorstellte. Und wenn es trotzdem nicht reichte, ging ich nicht selten tieftraurig nach Hause und weinte aus Frustration. Und das alles schon mit 8 Jahren. Mein Glück war, dass meine somalische Mutter mich immer zu 100% verstand und unterstützte. Sie ist eine echte Löwenmama gewesen und stand für mich ein, damit ich als Kind die Kämpfe gegen rassistische Lehrer*innen/Schulleiter*innen/Klassenkamerad*innen nicht alleine gewinnen musste.

      26. April 2020
    • Felicia

      REPLY

      Wow. Von Herzen DANKE für diesen Artikel! Es tut so gut das zu lesen und endlich zu verstehen, dass man mit diesen Themen nicht alleine da steht. Es bestärkt mich außerdem, dass ich auf einem guten Weg bin, endlich auf meine Bedürfnisse zu hören & mich nicht mehr zu verausgaben um anderen etwas zu beweisen.

      10. Mai 2020
    Gib deinen Senf dazu!